Es gilt das gesprochene Wort - I

Es gilt das gesprochene Wort - I
15.09.18 - 12:00 H

Europa ging es auch schon mal besser: Wirtschaftliche Krisen und politische Alleingänge lassen befürchten, dass die Staatengemeinschaft nach Jahren des Zusammenwachsens wieder auseinanderdriftet. Unter dem Titel Es gilt das gesprochene Wort gibt das Demokratiefestival HAMBACH! Künstlerinnen und Künstlern aus verschiedenen Ländern eine Bühne, um persönlich Stellung zu Europa und Demokratie zu beziehen und damit verbundene Ängste, aber auch Hoffnungen aufzugreifen.

In Erinnerung an die Reden, die am 27. Mai 1832 beim Hambacher Fest gehalten wurden, kommen unterschiedlichste Stimmen zu Wort und laden das Publikum ein, im Anschluss auf dem Schlossgelände miteinander zu diskutieren. Es gilt das gesprochene Wort ist ein Angebot an alle Gäste des Demokratiefestivals, sich für die Perspektiven anderer zu öffnen und Europa in seiner Vielfalt und Komplexität zu erfahren.

In kleinen Geschichten werfen die Künstlerinnen und Künstler einen mal mehr, mal weniger zuversichtlichen Blick auf Europa. Ein Großteil der Performances entstand für den internationalen Theaterabend „Europe Speaks Out!“, der am 6. Juni 2018 am Schauspiel Stuttgart uraufgeführt wurde (künstlerische Gestaltung: Armin Petras, Projektleitung Internationales: Alina Aleshchenko und künstlerischer Direktor/stellvertretender Intendant: Klaus Dörr).

Die Performances verteilen sich auf unterschiedliche Blöcke. Die Beiträge werden in der jeweiligen Landessprache mit deutschen und englischen Übertiteln präsentiert.

12:00 Uhr
Janka Kopek
vom Comedy Theatre of Budapest gibt sich hoffnungsvoll. In dem Monolog „Höchstes gemeinsames Vielfaches“ reflektiert sie ihre Rolle und Wandlungsfähigkeit als Darstellerin („Ich bin: französische Rebellin, Königin von England, Prinz von Dänemark, spanischer Liebhaber.“). Schauspielerinnen und Schauspieler, sagt sie, seien ständig in Bewegung und überschritten Grenzen – zusammen. „Für mich ist das die Zukunft; es ist das, was ich jetzt für Europa tun kann.“

12:30 Uhr
„Europe Speaks Out/Russia Keeps Silent“ heißt der Beitrag, den Alina Anufrienko vom Moskauer Teatr.doc präsentiert. Er sei ein „russisches Requiem, worin die Selbstfeier des Putin-Staats mit Folterberichten aus den Gefängnissen des Imperiums kontrastiert wird“, schrieb ein Kritiker der Stuttgarter Zeitung. Dabei lernen wir: „Wenn man einen Menschen mit Elektroschocks foltert, dann ist es sehr wichtig, nicht den linken Arm zu nehmen.“ Denn dann gehe der Strom durchs Herz, was zum Herzstillstand und anschließend zu wahnsinnig viel Papierkram führen könne.

13:00 Uhr
Eine Liebesgeschichte, die damit endet, dass sich einer für den anderen opfert, erzählt „Der Schwertfisch“. Im übertragenen Sinn steht die Performance für die vielen Menschen, die auf der Flucht nach Europa und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht selten ihr Leben riskieren. „Der Schwertfisch“, performt von Tindaro Granata, basiert auf dem italienischen Volkslied „U pisci spada“ von Domenico Modugno und ist eine Produktion des Piccolo Teatro di Milano – Teatro d’Europa.

13:30 Uhr
Für „Mund-Stück“ sind der britische Performance-Künstler Ant Hampton und die argentinische Autorin und Schauspielerin Rita Pauls kreuz und quer durch Deutschland getrampt – ohne deutsche Sprachkenntnisse. Unterwegs fragten sie die Menschen, die sie mitnahmen, was deren Meinung nach einmal gesagt werden sollte. Die Antworten nahmen sie auf, um sie auswendig zu lernen und sich so mit der deutschen Sprache und dem Land vertraut zu machen. Was das Duo bei seinen zufälligen Begegnungen gesammelt hat, gibt es bei HAMBACH! wieder.

14:00 Uhr
Aus Griechenland, genauer: aus dem National Theater of Greece in Athen, kommt ein weiterer Beitrag: Simos Kakalas stimmt in „Der griechische FrEEk“ seine ganz eigene Version des 1970er-Jahre-Klassikers „I will survive“ von Gloria Gaynor an und verarbeitet damit die Krise seines Landes.

14:30 Uhr
Die deutsche Regisseurin Leonie Kubigsteltig konfrontiert in „What the **** is going on?“ (Arbeitstitel) die Künstlerin Carolyn Defrin mit der Rede, die Mitinitiator Johann August Wirth beim Hambacher Fest hielt – ein wegweisender Text für die deutsche Demokratiegeschichte. Aber wie klingt dieses nationalistische Manifest heute in den Ohren einer amerikanischen Feministin mit postkolonialem Bewusstsein?

 

Foto: Arthur Bauer


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